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Bedürfnisorientierte Elternschaft?!

Bedürfnisorientiert, Bindungsorientiert, Attachement Parenting,..

 

Eventuell sind das zunächst mehr oder weniger leere Worthülsen. Irgendwas mit Babys nicht schreien lassen, Tragetücher statt Kinderwagen, Familienbett,... und lauter solche Dinge. Du spürst vielleicht die Energie, die von dieser Bewegung ausgeht. Die Energie, das Bestreben, es anders zu machen. Heute wissen wir eben, dass Babys nicht ihre Lunge stärken müssen und dass es wichtig, ist dass wir sie nicht allein lassen. Aber ist das Bedürfnisorientierung?

 

Ja. Auch. Teilweise. Bedürfnisorientierung heißt es, weil es um Bedürfnisse geht. Vielleicht wenig hilfreich, wenn du auch groß geworden bist ohne Bedürfnisse. Ja, Grundbedürfnisse sind schon klar. Essen, trinken, vielleicht noch schlafen. Aber hey, wusstest du, dass es noch mehr Bedürfnisse gibt? Das Bedürfnis nach Liebe oder Selbstverwirklichung, Anerkennung? Da geht es nicht um Wünsche, sondern um ein Bedürfnis, das in uns ist und erfüllt werden möchte. Damit wir zufrieden, ausgeglichen, glücklich sein können.

 

Babys können ihre Bedürfnisse noch nicht aufschieben. Im Gegensatz zu uns. Wenn wir Hunger haben, bekommen wir vielleicht schlechte Laune, aber wir können warten. Ein Baby hingegen bekommt Ängste. Es kämpft ums Überleben.  Deswegen ist es notwendig, direkt auf Babys zu reagieren. Dadurch verwöhnen wir sie nicht. Nein! Wir stärken ihr Bedürfnis nach Sicherheit. Wir bauen ihr Urvertrauen auf. Es ist unsere Pflicht und unsere Verantwortung, die Grundbedürfnisse -  die auch Existenzbedürfnisse sind - zu erfüllen, so schnell und gut es uns möglich ist. Wenn wir aus irgendwelchen Gründen nicht sofort können, ist es wichtig, für das Baby da zu sein. Egal, wie es dem Baby geht, was auch immer es gerade braucht, wenn wir es mal nicht wissen, können wir wenigstens da sein. Sicherheit und Geborgenheit geben.

 

Und wenn wir mal merken, dass wir nicht mehr können, dass eventuell etwas Schlimmes passiert, wenn wir weiterhin beim weinenden Baby bleiben, dann verlassen wir den Raum. Wir sorgen dafür, dass das Baby in Sicherheit ist, dass nichts passieren kann. Gleichzeitig sorgen wir für uns. Denn da melden sich unsere unerfüllten Bedürfnisse. Bevor wir etwas tun, was unser Baby in Gefahr bringt, gehen verlassen wir den Raum. Atmen durch. Trinken ein kaltes Glas Wasser. Schütteln uns oder hüpfen kurz. Stellen uns ans Fenster. Lüften unseren Kopf. 

 

Solche Situationen treten vermutlich öfter auf, je älter das Kind wird. Denn die Wünsche und Bedürfnisse wachsen mit. Und hier ist wichtig, zwischen Bedürfnissen und Wünschen zu unterscheiden. Wünsche, sind Dinge, die uns glücklich machen würden, über die wir uns freuen würden. Bedürfnisse sind Dinge, die erfüllt werden müssen. Bedürfnisse brauchen keine Erziehungsmaßnahmen. Wenn unser Kind Hunger hat, ist es ein Bedürfnis und muss erfüllt werden. Wenn unser Kind noch eine Kugel Eis möchte, ist es ein Wunsch. Zu einem Wunsch kannst du natürlich nein sagen. An dieser Stelle wirst du wahrscheinlich einen Gefühlssturm begleiten, da dein Kind vielleicht enttäuscht und traurig ist. 

 

Gerade mit Baby neigen wir dazu, ganz und gar die Bedürfnisse des Kindes wahrzunehmen und alles für deren Erfüllung zu geben. Dabei beachten wir unsere Bedürfnisse so wenig wie noch nie zuvor. Schlafen, Essen, Trinken? In den ersten Monaten oft unbeachtet.  Aber genau da liegt das Problem. Denn Bedürfnisorientierung bedeutet nicht, nur die Bedürfnisse des Kindes zu sehen. Du darfst nun endlich auch Bekanntschaft mit deinen eigenen Bedürfnissen machen. Denn wahrscheinlich hast du dich noch nie so sehr selbst aufgegeben und so wenig auf dich geachtet. Viele Bedürfnisse hast du im normalen Leben nebenbei erfüllt. Aber das wird nun wirklich schwierig. Du kannst oder willst nun vielleicht nicht mehr einfach mit Freund:innen ausgehen, abends zum Sport, ein Buch lesen oder die Nacht hindurch netflixen. Und immer dann, wenn du merkst, dass du an deine Grenzen kommst, bist du sie wahrscheinlich schon längst übergangen. Und etliche unerfüllte Bedürfnisse liegen hinter dir. Du kannst nun nicht mehr reagieren, wie du es möchtest, bist gereizt, genervt, gestresst.

 

Bedürfnisorientierung heißt, die Bedürfnisse deines Kindes wahrnehmen und deinem Kind dabei helfen, zu lernen, diese zu erfüllen. Für einige Jahre braucht dein Kind Unterstützung, die eigenen Bedürfnisse zu erkennen, zu benennen und zu erfüllen. Wir alle wählen manchmal ungünstige Strategien, um unsere Bedürfnisse zu erfüllen (Alkohol, Nikotin, Konsum, Schreien, Meckern, Drohen,...), wenn wir aber das Bedürfnis erkennen, können wir zielführende Strategien entwickeln. So können schon Kleinkinder bewusst entscheiden, ihre Wut an einem Kissen statt an einem Menschen herauszulassen oder von allein feststellen, dass sie wütend sind, weil sie Hunger haben. Schaffen viele Erwachsene nicht, diese Verknüpfung herzustellen. Wenn unsere Kinder ihre Bedürfnisse erkennen, können sie gut für sich sorgen. Und das wollen wir doch, oder? 

 

Das können wir genauso für uns schaffen. So können wir Bedürfnisse besser beim Kind erkennen, wir können ein Vorbild sein und wir können ausgeglichener sein, wenn wir uns rechtzeitig um uns kümmern.

 

Hier geht´s weiter mit Bindungsorientierung.

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